Der Club von Takis Würger ist definitiv (m)ein Highlight des Frühjahrs. Ich hatte das Glück, es bereits Anfang Januar lesen zu können und warte seitdem darauf, euch dieses Schmuckstück endlich vorstellen zu dürfen (hallo Sperrfrist). Ich möchte mich nicht direkt hier in der Einleitung in Lobeshymnen verlieren, aber ich prophezeie, dass Der Club ein Feuilleton- und Literaturblogger-Liebling schlechthin wird und wünsche mir für Takis Würger, dass ein Platz in der Bestsellerliste ebenfalls nicht lange auf sich warten lässt.
Freundlicherweise hat er mir einige Fragen beantwortet, die ihr am Ende dieses Artikels findet – ich wünsche euch viel Spaß mit seinen unterhaltsamen Antworten!
Inhalt von Der Club kurz zusammengefasst
Hans Stichler lebt mit seinen Eltern idyllisch, aber abgeschieden in einem Haus mitten im Wald. Er ist das, was gemeinhin als eigenbrötlerisch und sensibel bezeichnet wird; Kontakte oder gar wahre Freundschaften zu knüpfen fällt ihm schwer. Als seine Mutter in Folge einer Krebserkrankung und sein Vater einige Zeit später aufgrund eines Autounfalls verstirbt, plagen ihn nicht nur große Trauer, sondern auch Schuldgefühle. „Mein Vater war gestorben, weil ich in Brandenburg boxen wollte. Meine Mutter war gestorben, weil ich Schnittlauch auf meinem Rührei essen wollte.” (Takis Würger, Der Club, S. 19)
Nachdem er die Zeit bis zu seinem Abitur in einem Internat verbringt, vermittelt ihm die Schwester seiner Mutter, Tante Alex, nicht ganz regelkonform ein Stipendium an der legendären Cambridge University. Diese Chance ist jedoch an eine Bedingung geknüpft: Hans muss inkognito als „verdeckter Ermittler” ein Verbrechen aufklären, das mit dem sagenumwobenen Pitt Club zu tun hat.
In Cambridge angekommen verliebt er sich nach einiger Zeit in Charlotte und schafft es, in den elitären Club aufgenommen zu werden. Nach und nach beginnt Hans, dem dunklen und geradezu rituellen Verbrechen auf die Spur zu kommen, dessen Klärung seiner Tante ein Anliegen ist – nicht ganz uneigennützig, wie sich später herausstellt. Da Takis Würger nicht Stefan Wolf und der Pitt Club nicht TKKG ist, löst Hans nicht einfach den Fall, sondern wird mit schwerwiegenden moralischen Fragestellungen konfrontiert.
Wie war’s?
Es ist ja immer so eine Sache mit den hohen Erwartungen. Ich weiß in diesem Fall nicht mal so richtig, woher sie kamen. Beziehungsweise doch: Es war eine Kombination aus dem Klappentext, nach dessen Lesen ich sofort an eine Mischung aus Die geheime Geschichte von Donna Tartt und Vom Ende der Einsamkeit von Benedict Wells denken musste. Und wenn das keine gute Kombination ist, dann weiß ich auch nicht. Ein zwar zweitrangiger, aber eben doch wichtiger Faktor, ist die Umschlaggestaltung, die schon auf den ersten Blick suggeriert, dass man etwas Besonderes in den Händen hält. Ihr merkt schon, extrem lange Einleitung, ohne ein Wort zum Inhalt. Die Begeisterung ist eben echt.
Der Club hat alles, was ein guter Roman für mich benötigt: Einen interessanten Protagonisten, der eine Entwicklung durchmacht, eine spannende übergeordnete Handlung, die bei Laune hält, einen prägnanten, kreativen und angenehm zu lesenden Schreibstil, atmosphärische Passagen, vielschichtige Nebencharaktere und eine intelligente Auflösung am Ende. Takis Würgers Romandebüt hat mich über alle Ebenen hinweg begeistert – von einem stimmungsvollen Einstieg über eine komplexe Entwicklung bis hin zu einem fulminanten Ende, bei dem ich das Gefühl hatte, Takis Würger zeigt plötzlich im Sekundentakt auf all die Puzzleteilchen, die er die 200 Seiten zuvor gestreut hat und macht vor, wie sie zusammengesetzt werden müssen. Nach der letzten Seite reibt er sich Hände, nickt zufrieden und sagt dem Leser: „So. Jetzt habe ich’s dir aber gegeben.”
Es wird an dieser Stelle keine Überraschung für euch sein, dass Der Club von mir eine klare Empfehlung erhält und ich es schon jetzt, in einem erst zwei Monate alten Jahr, als einen meiner Favoriten des Jahres 2017 benennen kann. Gerade Freunde der beiden oben angesprochenen und verlinkten Romane werden ihre Freude an Der Club haben, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Alle anderen sollten es ebenfalls lesen und sich überraschen lassen – dieser Roman bietet genau die richtige Mischung aus Spannung, persönlicher Entwicklung und Gefühl.
Kein & Aber bietet eine Leseprobe an, die ihr hier findet.
Eine kurze Passage aus Der Club
Ich nahm mir vor, dieses Mal nicht so weit weg zu laufen, aber die Kinder hatten kein Interesse an mir und sagten, dass es kindisch sei, Verstecken zu spielen. Vielleicht, dachte ich, muss ich mehr von mir erzählen, also erzählte ich davon, dass ich fand, Orangen würden nach Abenteuer schmecken und dass bei Mädchen die weichen Haare im Nacken manchmal aussehen wie Zuckerwatte. Die Kinder lachten mich aus.
(Takis Würger, Der Club, Seite 24)
Infos zum Buch
Der Club / Takis Würger / Kein & Aber / 2017 / 240 Seiten / ISBN: 978-3-0369-5753-1 / Preis: 22,00 Euro /
Interview mit Takis Würger
Herr Würger, bislang haben Sie u. a. preisgekrönte Reportagen für den Spiegel aus Afghanistan, Libyen und dem Irak geschrieben, in Cambridge studiert und geboxt. Mit „Der Club” haben Sie dieses Jahr Ihren ersten Roman veröffentlicht – wie kam es dazu? Warum wollten Sie einen Roman schreiben?
Meine Erfahrungen an der Universität in Cambridge haben mir keine Wahl gelassen. Ich hatte nie vor, einen Roman zu schreiben. Ich verstehe wenig von Literatur, ich lese nicht viele Romane, eher so unterhaltendes Zeug, Schirach und Harry Potter und so. Dann bin ich in Cambridge ein Teil von einem Millieu geworden, das mich fasziniert, begeistert und entsetzt hat. Mit den Boxern haben wir uns morgens die Nasen gebrochen und abends Champagner getrunken, Smoking getragen und in Schlössern Feste gefeiert. Das hat mich inspiriert. In mir ist eine Geschichte gewachsen und diese Geschichte wollte erzählt werden. Alles war da. Die Figuren haben in mir gelebt und wollten ans Licht. Ich musste nur noch die Schleusen öffnen.
Wie lange & wo haben Sie an Der Club gearbeitet?
Ich bin einen Sommer lang durch Europa gereist und habe dabei jeden Tag eine Stunde genutzt, um ein Drehbuch zu schreiben. Die Rohfassung des Romans habe ich in drei Monaten geschrieben. In Wien in einem ausgebauten Kutschenstall und im Café „Coffee Pirates“ im 9. Bezirk, bester Flat White Wiens.
Warum sollte man Der Club lesen?
Sechs Gründe:
1. Es ist ein schnelles Buch über Freundschaft, Erwachen, Eliten, Lügen, Champagner, Blut, Sex, Gewalt, Rinderfilet, Cambridge, den Deister und die Liebe. Diese Kombination ist neu, glaube ich.
2. Ich garantiere Ihnen hiermit, wenn Sie es nicht mögen, schreiben Sie mir auf Facebook, dann bekommen Sie Ihr Geld zurück.
3. Es ist mein Wunsch, weiter Romane schreiben zu dürfen. Das macht mich glücklich. Das geht nur, wenn der erste sich verkauft. Bitte helfen Sie mir.
4. Das Cover ist aus Krawattenseide, es liegt gut in der Hand.
5. Kein & Aber ist der beste unabhängige Verlag der Welt. Er verdient es, dass wir ihn unterstützen.
6. Mich interessiert Ihre Kritik. Lob und Tadel bitte an t.wuerger@keinundaber.de
Herzlichen Dank für das Interview, Herr Würger! Das Porträt stammt von Fabian Weiss.
6 Comments
Milena
Haha. Also die sechs Gründe von Takis Würger haben mich endgültig überzeugt=). Aber auch vorher schon macht deine Rezension Lust und gespannt darauf das Buch zu lesen. Klingt nach einem spannenden und unterhaltsamen Roman. Liebe Grüße!
schonhalbelf
Haha, ich musste auch lachen, als ich seine Antwort auf diese Frage bekommen habe. 😉 Es lohnt sich wirklich definitiv!
Juliana
Sehr, sehr schöner Beitrag! Für mich stand sowieso schon fest, dass ich es lesen will. Wahrscheinlich sogar gleich im Anschluss an mein aktuelles Buch. Aber die sechs Gründe sowie deine Rezension haben mich darin nur nochmal bestätigt 🙂
Viele Grüße und dir einen großartigen Sonntag!
schonhalbelf
Dankeschön! Ich bin auch ein wenig traurig, dass ich es schon gelesen habe … 😉
Monatsrückblick März 2017 von schonhalbelf
[…] ich in der Buchhandlung stories! in Hamburg die erste Lesung der Lesereise von Takis Würger zu Der Club besucht und dort einen sehr schönen Abend verbracht. Den Roman lege ich noch immer jedem ans Herz, […]
[Rezension] Takis Würger: Der Club – Kill Monotony
[…] Schon halb elf | Book Broker | Die Buchbloggerin […]