Ach, was war So endet die Welt von Philip Teir für eine schöne Sommerlektüre! Falls das anhand des Titels nun ironisch klingen mag: Es ist vollkommen ernst gemeint.
Inhalt kurz zusammengefasst
Raus in die Natur und an der finnischen Küste endlich mal richtig erholen! So zumindest die Theorie. In der Praxis besteht der Familienurlaub von Julia, Erik und den beiden Kindern aus einer Menge Widrigkeiten und Unwahrheiten.
Julia leidet nach ihrem erfolgreichen Romandebüt unter Schreibblockaden und hofft, diese im Sommerhaus ihrer Eltern in den Griff zu bekommen. Erik als Ernährer der Familie hat noch ein ganz anderes Problem: Ihm wird zu Beginn der Ferien telefonisch gekündigt und er weiß nicht, wie er seiner Frau diese Nachricht übermitteln soll – also verheimlicht er sie einfach. Der kleine Anton versteht die Erwachsenen nicht und verbringt die Tage damit, sich seine eigenen Abenteuer zu schaffen, wenn er nicht gerade beobachtet, wie seine ältere Schwester die erste große Liebe erlebt.
Als würden diese Themen nicht bereits für genügend Spannungen innerhalb der Familie sorgen, treffen sie auch noch auf die „neuen” alten Nachbarn, die Julia schlagartig in die Zeit zurückholen, in der sie eine toxische Freundschaft mit dem Nachbarsmädchen führte. Und auch in der Gegenwart sorgt das Paar bei Julia und Erik für einige Denkanstöße. Nach einiger Zeit gesellt sich dann auch noch Eriks Bruder, seines Zeichens bekennender Lebenskünstler, zu der illustren Gruppe hinzu und sorgt im wahrsten Sinne des Wortes für noch mehr Enge innerhalb des kleinen Ferienidylls.
Wie war’s?
Über einen Monat am Meer verbringen, die Schreibblockade überwinden und die Familie wieder näher zusammenbringen – das klingt zunächst nicht unbedingt nach einer packenden Geschichte. Wäre da nicht Julia, die mit ihrer eigenen Vergangenheit hadert. Wäre da nicht Erik, der seinen Job verliert und sich nicht traut, seiner Familie davon zu erzählen. Wäre da nicht Alice, die sich in einen Jungen verliebt, die nie lange an einem Ort bleibt. Und wäre da nicht Anton, dem nicht wohl dabei ist, seine große Schwester mit einem anderen Jungen zu teilen.
Was den Roman für mich so spannend macht? Während die Charaktere aus So also endet die Welt in ihrem finnischen Sommerhaus sitzen, steht Philip Teir symbolisch als Riese über dem Haus und hämmert mit einem Meißel überall feine Risse in das Dach und die Mauern, bis langsam alles einstürzt. Auf eine ruhige, fast schon subtile Art taucht der Autor in die Sorgen, Gedanken und Geheimnisse der vier Familienmitglieder mit ein und schafft es dabei, unbeschwerte Feriengefühle mit düsteren Gedanken zu kombinieren. Genau diese Mischung ist es wohl, die für mich den Roman so reizvoll gemacht haben. Nicht zu vergessen sind außerdem Philip Teirs bedächtige Sprache und die Gabe, die Charakterzüge seiner Figuren so haargenau herauszuarbeiten.
Fazit: Ein gelungener Urlaubsroman, der nicht nur Sonne und Strand kann, sondern auch den nötigen Tiefgang besitzt. Besonders spannend für alle, die gerne einen Blick hinter die Fassade einer ganz normalen Familie werfen möchten, in der jeder seine kleinen Geheimnisse hat.
Ein kurzes Zitat aus So also endet die Welt
„Mein Bruder hat Angst vor allen Leuten, die nicht glücklich und positiv sind. Deshalb beginnt er jeden Tag mit dem Versuch, die Stimmung in seiner Umgebung so zu beeinflussen, dass sich alle genauso fühlen wie er. Und weil er in seinem tiefsten Inneren nicht glücklich ist, merkt er nicht, dass genau das auf alle anderen abfärbt.”
„Und wie es ist mit dir? Bist du glücklich?”, fragte sie.
Anders starrte aufs Wasser hinaus.
(Philip Teir, So also endet die Welt, S. 181)
Infos zum Hörbuch
So also endet die Welt / Philip Teir / Übersetzer: Thorsten Alms / Karl Blessing Verlag / 2018 / 304 Seiten / ISBN: 978-3896676061 / Preis: 20, Euro / Jetzt online kaufen* /
*Affiliate-Link. Durch den Kauf über diesen Link entstehen für dich keine Mehrkosten. Ich erhalte dafür eine kleine Provision, von der ich beispielsweise die Serverkosten für diesen Blog bezahlen kann.
4 Comments
Lesen... in vollen Zügen
Sehr schön beschrieben!
Wirklich schade, daß der Roman so wenig Aufmerksamkeit bekommen hat.
schonhalbelf
Vielen Dank! Und ja, dem stimme ich zu.
Zeilentänzerin
Das Bild ist wahnsinnig schön arrangiert. Und ich mag das farbige Cover. Ich habe das Buch auch kürzlich irgendwo gesehen. Aber es mir nicht näher angesehen. Schöne Rezension!
Zeilentänzerin
schonhalbelf
Danke für dein Kompliment!