Der rote Faden von Rosie Price hat mich ganz klassisch durch sein schönes Cover angelockt. Verteidigen muss ich mich dafür aber nicht; der Name der Autorin ist noch gänzlich unbekannt, und es handelt sich bei Der rote Faden um das Debüt der 27-jährigen Autorin Rosie Price. Sie hat mehrere Jahre für eine der größten englischen Literaturagenturen gearbeitet und lebt momentan in London.
Inhalt kurz zusammengefasst
Unmittelbar zu Beginn ihres Studiums lernt Kate in ihrem Wohnheim Max kennen. Was mit einer zufälligen Begegnung beginnt, entwickelt sich schnell zu einer tiefen und innigen Freundschaft, die jedoch stets platonisch bleibt.
Nach einiger Zeit lernt Kate auch Max‘ wohlhabende Familie kennen und wird von dieser mit offenen Armen empfangen. Besonders fasziniert ist sie von Max‘ Mutter Zara, einer erfolgreichen Regisseurin – denn auch Kate träumt von einer Karriere in der Filmbranche.
Auf einer Familienfeier passiert dann das Unfassbare: Kate wird von Max‘ Cousin vergewaltigt. Nachdem sie für mehrer Monate schweigt, offenbart sie Zara ihr Geheimnis und erfährt großen Rückhalt von ihr. Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen versucht sie, Kate durch diese düstere Phase zu begleiten. Auch Max erfährt schließlich von dem Verbrechen.
Während Kate mit einer Therapie versucht, das Geschehene aufzuarbeiten und sich nach und nach ihr Leben zurückerobert, arbeitet Zara an einem neuen Projekt, das in einem Showdown enden wird – doch noch weiß Kate nichts davon …
Wie war Der rote Faden?
Der rote Faden von Rosie Price hat mir aufgrund seiner Vielschichtigkeit unglaublich gut gefallen. Im Vordergrund steht die besondere Freundschaft zwischen Kate und Max. Sie ist eher zurückhaltend, ein wenig unsicher und stammt aus schwierigeren Verhältnissen. Max hingegen ist beliebt, selbstsicher ohne eine Spur Arroganz und strahlt die Gelassenheit jener aus, die wissen, dass es ihnen materiell im Leben nie an etwas fehlen wird. Dennoch bauen die beiden eine besondere und für den Leser sehr spannende Bindung zueinander auf, die mit der Zeit fast geschwisterlich wird – was nicht zuletzt auch daran liegen mag, dass Max Kate Zugang zu seiner Familie gewährt.
Der zweite Strang könnte fast ein Roman für sich sein: Er beleuchtet die intrafamiliären Beziehungen von Max‘ Verwandtschaft, die von Heimlichkeiten, Machtspielchen und zurückliegenden Ereignissen geprägt ist. Von Alkoholismus bis zu Erbstreitigkeiten wird kein Spannungsfeld ausgelassen.
Und dann wäre da noch die Vergewaltigung Kates und alles, was darauf folgt. Nach dem traumatischen Erlebnis leidet sie unter Panikattacken, Depressionen, dem Drang, sich selbst zu verletzen – und vor allem darunter, über das Erlebte nicht sprechen zu können. Als sie sich schließlich traut, sich jemandem zu öffnen, kann sie dennoch nur die halbe Wahrheit erzählen. Wie soll sie ihren engsten Vertrauten beibringen, dass der Täter ausgerechnet aus deren Familie stammt?
Der rote Faden von Rosie Price ist einfühlsam und präzise erzählt, wird aber an den richtigen Stellen durch typisch britischen Humor aufgelockert. Der Roman behandelt schwere Themen wie psychische Erkrankungen und Vergewaltigung, liest sich aber dennoch leicht und sehr unterhaltsam. Ich für meinen Teil möchte mehr von dieser noch unbekannten Autorin lesen und freue mich auf ihren nächsten Roman!
Ein kurzes Zitat aus dem Buch
„Danke, Kate”, sagte Zara. Sie klang etwas erschöpft. „Es war auf der A4, er ist von der Straße abgekommen und frontal in die Fassade des Waitrose auf der Cromwell Road gekracht. Viermal so viel Promille wie erlaubt und nicht angeschnallt. Gott sei Dank saß niemand weiter im Wagen. Und Gott sei Dank ist er langsam gefahren; er ist ins Schleudern gekommen, weil er einem Schaf ausweichen wollte.”
„Einem Schaf? In London?”
„Eigentlich war es eine Schliere auf der Windschutzscheibe, wenn ich das richtig verstanden habe.”
(Rosie Price, Der rote Faden, rowohlt)
Infos zum Buch
Der rote Faden / Rosie Price / Übersetzerin: Stefanie Jacobs / rowohlt / 2020 / 320 Seiten / ISBN: 978-3-498-05317-8 / Preis: 22,00 Euro / Jetzt online kaufen* /
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2 Comments
Saskia
Das wunderschöne Cover ist mir auch zuerst ins Gesicht gesprungen. Erinnerte mich irgendwie an „Der Report der Magd“ von Margaret Atwood.
Ich hab von dem Buch noch nichts gehört, aber die Pressestimmen sind ja wirklich gut und auch deine Rezension macht Lust, das Buch zu lesen.
schonhalbelf
Ich kann dich nur dazu ermutigen! 🙂