Rezensionen

Tom Cooper – Das zerstörte Leben des Wes Trench

Die besten Bücher sind die, die eigentlich nicht in mein Beuteschema passen, mich dann hinterrücks packen und in eine völlig fremde Welt entführen.  Und obwohl diese so fremd war, hat „Das zerstörte Leben des Wes Trench“ es geschafft, dass ich mich schon nach dem ersten Kapitel zuhause gefühlt habe.

Inhalt kurz zusammengefasst

Die Bewohner des Ortes Jeanette haben sich nie von der Verwüstung des Hurrikans Katrina erholen können. Als sie gerade dabei sind, sich in das Leben zurück zu kämpfen, rückt die nächste Katastrophe in Form einer Ölpest heran – ein erneuter Schlag für die Shrimp-Industrie, von der viele Bewohner versuchen zu leben. Es scheint, als sei Wes Trenchs Zukunft vorbei, bevor sie begonnen hat.

Nach dem Verlust seiner Mutter und der Entfremdung von seinem Vater heuert Wes bei Lindqvist, einem tablettenabhängigen Shrimpfänger, an. Dieser ist nicht nur von der Ölkatastrophe gebeutelt, sondern muss auch noch den Diebstahl seiner 30.000-Dollar-Armprothese beklagen.

Unterdessen hegen und pflegen die durchgeknallten Toup-Zwillinge eine gigantische Hanfplantage auf einer versteckten Insel.

Grimes, Angestellter bei BP und ehemaliger Sumpfbewohner, zieht von Haus zu Haus und versucht im Auftrag seiner Firma, das Schweigen der Bewohner zu erkaufen.

Cosgrove und Hanson lernen sich bei der Ableistung von Sozialstunden kennen und geraten immer mehr in einen Strudel aus Drogenanbau, Ölkatastrophe und Schatzsuche.

„Das zerstörte Leben des Wes Trench“ erzählt neben Wes Trenchs Schicksal auch das fünf weiterer Charaktere, die sich zunächst alle untereinander noch nicht kennen, deren Geschichten sich aber zunehmend miteinander verweben. Alle sechs haben eins gemeinsam: Sie beugen sich nicht dem Schicksal, sondern kämpfen dafür, ihren Weg im Leben zu gehen. Oder notfalls auch zu schwimmen.

Wie war’s?

Das nenne ich ein Romandebüt! Mal urkomisch, mal dramatisch, mal traurig – Tom Cooper hat ein unglaublich überzeugendes Werk abgeliefert. Er beschreibt gefühl-, aber auch humorvoll die Entwicklung seiner sechs starken Charaktere. Durch seine sorgfältig gewählte und bildgewaltige Sprache schafft er es mit Leichtigkeit, schillernde Landschaften und eigenwillige Personen vor dem inneren Auge erscheinen zu lassen.

Sprachlich hat mir besonders seine Art, neue Vergleiche zu finden, gefallen – nichts langweilt mich mehr als „Regen, der wie Sturzbäche fällt“ oder „Haut, rau wie Schmirgelpapier“. Cooper hingegen erzählt von „Fledermäusen, die wie Ascheflocken über den dichten Bäumen flattern“ und einem Truthahngeier, „groß, zerlumpt, ein Gesicht wie ein Batzen ausgespuckter Kaugummi“.

Er beweist ein besonderes Gespür für Ort und Zeit und schafft Bilder, die im Kopf bleiben. Cooper erzählt, wie es ist, wenn einem alles genommen wurde, ohne die Leser mit einem negativen Gefühl zurückzulassen.

Definitiv eine Leseempfehlung!

Eine kurze Passage aus dem Buch

Wes wusste, er sollte aufgeben, gesenkten Hauptes nach Hause schleichen und seinen Vater um Verzeihung bitten. Es war nun schon über einen Monat her. Mehr als alles andere mal abgesehen von seinem Bett, vermisste er es, an seinem Boot zu arbeiten. Er hatte bis zur nächsten Shrimpsaison fertig werden sollen, aber das würde auf keinen Fall mehr klappen. Vielleicht würde es nie mehr fertig werden. Vielleicht sollte er die Barataria verlassen wie alle anderen. Aufgeben.
(Tom Cooper, Das zerstörte Leben des Wes Trench, Seite 224)

Infos zum Buch

Das zerstörte Leben des Wes Trench / Tom Cooper / Ullstein / 2016 / 384 Seiten / ISBN: 978-3550080968 / Preis: 22,00 Euro /

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